Nach der Reform ist vor der Reform

Die selten in Finanzfragen befähigten Mainstream-Medien feiern dies die wichtigste US-Finanzreform seit mehr als 80 Jahren. Und natürlich als großen Erfolg für Präsident Barack Obama. Ich bin mir da nicht so sicher: Mehr Verwaltung hat nie mehr Wohlstand gebracht, sondern nur Rückschritte.

Eine neue Verbraucherschutzbehörde soll unter anderem unter dem Dach der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) unfaire Geschäftspraktiken bei Privatkrediten und Kreditkarten aufdecken und verhindern. Was ist damit wohl gemeint? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die neue Behörde eingreift, wenn sich das Weiße Haus schädliche Ideen ausdenkt. Wenn wir uns die Blase im US-Immobilienmarkt anschauen, dann stellen wir beispielsweise fest, dass die Vergabe von zu hohen Krediten an zu viele arme Leute von ganz oben angeschoben wurde – von US-Präsident Bill Clinton himself, der mit dem „Affordable Housing Bill“ den unteren Einkommensschichten ein Dach über dem Kopf ermöglichen wollte. Gut gedacht ist eben nicht immer gut gemacht. Glauben Sie daran, dass künftig ein Verwaltungsbeamter seinem obersten Chef in die Parade fährt?

Außerdem werden die Regeln für den Umgang mit komplexen Finanzinstrumenten verschärft. Für den Handel mit riskanteren Derivaten müssen die Finanzinstitute mit eigenem Kapital ausgestattete Einheiten gründen - damit soll der Teil der Bank vor möglichen Verlusten abgeschottet werden, der wegen Sparereinlagen speziellen staatlichen Schutz genießt. Die Reform sieht auch neue Regelungen für die Bezahlung von Top-Managern von börsennotierten Unternehmen vor. Aktionäre sollen ein Mitspracherecht über die Gehälter bekommen, das allerdings nicht bindend ist. Letztlich bleibt also alles beim Alten. Nur das Wahlvolk applaudiert.

Obama will eine Wiederholung der weltweiten Finanzkrise verhindern. Ich glaube aber, alles was er mit dem Gesetzespaket erreicht, ist mehr Aufwand, höhere Kosten, eine Konzentration des Handels bei wenigen großen Banken und dadurch weniger Liquidität im Markt. Viele kleine Firmen werden es sich zweimal überlegen, ob sie sich noch mehr Reporting und ein höheres Eigenkapital zumuten, oder ob sie sich lieber aus einigen Märkten zurückziehen. Die fähigsten Broker können auch alleine ihr Geld verdienen. Nur schließen sie dann eben ihre Firma und entlassen Sekretärinnen, Buchhalter, Steuer-Experten und Computer-Programmierer. Nur die großen Dickschiffe im Finanzmarkt haben die Power, um sich ein noch größeres Back-Office zu leisten.

Ansonsten geschieht genau das, was zurzeit mit der US-Wirtschaft passiert: Ein Job-Wachstum gibt es nur beim Staat. Bürokraten, Haarspalter und Bedenkenträger kurbeln aber die Wirtschaft nicht an. Das schaffen nur mutige und risikofreudige Unternehmer. Wahrscheinlich werden wir also in wenigen Jahren miterleben, dass die Reform zurückgedreht wird, weil der Finanzmarkt bald nur noch von wenigen großen Spielern dominiert wird.

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