Spanien ist pleite
Zum Repertoire des politischen Schmierentheaters gehört die öffentliche Entrüstung. Wann immer ein Politiker mit einem Vorwurf konfrontiert wird, dann wird er sich aufregen und von einem Skandal sprechen. Kopfschütteln, Aufplustern, Heulen und Wehklagen. So gerade geschehen in Spanien.
Seit Tagen kursieren Gerüchte darüber, dass Spanien wegen der platzenden Immobilienkrise dringend Geld von der Europäischen Union, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und den USA braucht. Demnach sollen Kredite in Höhe von bis zu 250 Milliarden Euro bereitstehen, berichtete die spanische Zeitung "El Economista" unter Berufung auf eine ungenannte hohe Quelle. Das Ziel sei es, einen Rettungsplan wie für Griechenland zu vermeiden. Vor der spanischen Zeitung hatten schon die "Financial Times Deutschland" (FTD), die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) und die "Süddeutsche Zeitung" von einem Notfall für Spanien berichtet.
Natürlich dementierten alle Seiten umgehend: "Nein, keinesfalls" sei dies der Fall, betonte die spanische Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado auf die Frage, ob die Meldung stimme. Auch die Europäische Kommission wies dies zurück: Der Bericht der spanischen Wirtschaftszeitung "El Economista" sei "sehr bizarr", sagte Kommissionssprecher Amadeu Altafaj. "Ich kann diesen Bericht eindeutig dementieren." Spanien sei "ein solventes, solides, starkes Land mit internationalem Kredit", sagte Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero bei einer Fragestunde im Parlament in Madrid. Stolz geschwellte Brust, die Zuversicht in Person. Und zugleich entehrte Unschuld: Spanien, nein, das starke Spanien braucht doch kein Geld.
Doch hinter den Kulissen lief eine ganz andere Story ab: Madrid wollte den Bericht im "El Economista" offenbar stoppen. Laut meinen Informationen versuchte der Pressesprecher der Regierung in Madrid, Felix Monteira, höchst persönlich, die Auslieferung des Blattes zu verhindern. Monteira rief dafür den Herausgeber Amandor Ayora an und verlangte gar, die gesamte Ausgabe einzustampfen. Einfach mal so – ein Schaden, der in die Millionen gehen würde. Der Sprecher monierte nicht etwa den Inhalt des Berichts über den spanischen Notplan, auch sprach er nicht von fehlerhaften Recherchen. Vielmehr befürchtete er, die Nachricht vom bevorstehenden 250-Milliarden-Kredit "würde Spanien zerstören".
Ayora antwortete ihm trocken, diese Aufgabe hätte bereits die Regierung übernommen. Das Blatt wurde trozdem ausgeliefert. Hut ab: Senor Ayora hat wirklich Schneid.
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